Unter den verschiedenen künstlerischen Strömungen, die das 19. und frühe 20. Jahrhundert prägten, gelangte der Jugendstil auch nach Italien, nachdem er in Europa aufgetaucht war, wenn auch unter verschiedenen Namen - von Art Nouveau bis zu Modern Style.
Diese Strömung reicht von Architektur bis Kunst, von Einrichtungen bis zu Grafik und Illustration.
Die Toskana, ein seit jeher für künstlerische Experimente und Innovationen fruchtbares Gebiet, verschloss sich den kulturellen Strömungen dieser Zeit nicht, nahm den neuen Jugendstil mit offenen Armen auf und ebnete so den Weg für wahre künstlerische Kleinode, die noch heute von großem Interesse sind.
Von 1880 bis 1930, besonders intensiv jedoch in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, war dieser Stil in Florenz und Lucca vor allem in Privathäusern anzutreffen, während in Viareggio und Montecatini Terme zahlreiche Beispiele des Jugendstils in den Hauptstraßen zu finden waren, von den Thermen bis zu den Hotels.
Entdecken wir gemeinsam eine etwas andere Route, um diese Meisterwerke des 20. Jahrhunderts zu bewundern.
In Florenz stößt man auf zahlreiche Beispiele der Jugendstilarchitektur, die sich vor allem auf die im 19. Jahrhundert erschlossenen Gebiete konzentrieren: Dank der Stadterweiterung, die während des kurzen Zeitraums mit Florenz als Hauptstadt eingeleitet wurde, schlugen Architekten wie Giovanni Michelazzi den Jugendstil für die Wohnhäuser des damaligen Bürgertums vor.
Im Herzen der Altstadt hatte es der neue Stil schwer, sich durchzusetzen, dennoch ist ein erstes authentisches Beispiel des Jugendstils sicherlich der Palazzo Pola e Todescan in der Via Brunelleschi aus dem Jahr 1903. Neben den Keramiken sind auch die eleganten Männer- und Frauenköpfe interessant, die die Fassade des Gebäudes schmücken. Sie sind ein Werk des Architekten Giovanni Paciarelli in Zusammenarbeit mit Michelazzi.
In Borgo Ognissanti, praktisch dem gleichnamigen Platz gegenüber, befindet sich die berühmte Casa Galleria Vichi, ein überraschender Bau, der sich von den anderen Gebäuden abhebt. Der Architekt Giovanni Michelazzi entwarf ihn 1911 und neben seiner absolut originellen Form und Dekoration ist das Galeriehaus auch wegen der Verwendung von künstlichem Travertin interessant, der dem in der nahe gelegenen Kirche von Ognissanti verwendeten natürlichen Travertin stark ähnelt.
Vom Bahnhof Santa Maria Novella in Richtung Viale Milton stößt man auf die sehr ausgefallene russisch-orthodoxe Kirche, die von 1899 bis 1903 nach einem Entwurf des russischen Architekten Michele Preobrangensky erbaut und von den Florentiner Architekten Boccini und Paciarelli realisiert wurde.
Weiter in Richtung Piazza della Libertà gelangt man zum Garten der Hortikultur, wo man noch heute das Tepidarium - ein gläsernes Gewächshaus - bewundern kann, das für die erste nationale Gartenbauausstellung 1880 nach einem Entwurf von Giacomo Roster gebaut wurde.
An der Piazza d'Azeglio zeichnet sich das Villino Uzielli durch seine mit erlesenen Motiven verzierte Fassade aus.
Auf der Piazza Beccaria und in ihrer Umgebung befinden sich zahlreiche Jugendstilgebäude, wie das Villino Brogi Caraceni und das Villino Ravazzini in der Via Scipione Ammirato, beide von Michelazzi.
In der Via Orcagna wartet die Casa Antonini mit Originaldekorationen am Balkon, der Fassade und dem Tor auf. In der nahe gelegenen Via del Ghirlandaio befindet sich das Atelier von Galileo Chini, einem der führenden Vertreter des Jugendstils in Italien, mit einer Fassade im Stile Klimts, Hochreliefs und anderen interessanten Ornamenten.
Lucca, eine der beliebtesten Städte der Toskana, bietet wunderbare Jugendstilbauten, die die stolze Aristokratie der kleinen Republik Lucca widerspiegeln.
Außerhalb der Stadtmauern ist die Altstadt von breiten Straßen umgeben: In Richtung des Bahnhofs - Viale Giosuè Carducci - stehen vier einfache Reihenhäuser, die mit mehrfarbigen Tafeln verziert sind, die Störche darstellen.
Weiter geht es zur Villa Sarti, dem interessantesten Gebäude der Gegend mit zahlreichen Majolika-Verzierungen in der Machart von Galileo Chini.
Ebenfalls im Viale Carducci ist auch auf den Palazzo Giurlani hinzuweisen, der 1925 von Alfredo Belluomini, einem Architekten und Ingenieur, der vor allem für seine Arbeiten in Viareggio bekannt war, entworfen wurde.
Im Borgo Giannotti steht der 1925 nach einem Entwurf des Architekten Gaetano Orzali errichtete Palazzo Bertolli Ponzi, ein Gebäude, das den Platz der Porta Santa Maria mit seiner Erhabenheit beherrscht.
Mit ihren langen, goldenen Sandstränden und den kühlen Pinienwäldern entlang der Küste war die Versilia seit dem frühen 20. Jahrhundert ein beliebtes Urlaubsziel der Aristokratie.
Entlang der Strandpromenade von Viareggio kann man verschiedene architektonische Beispiele der damaligen Zeit bewundern, von denen von Belluomini - der das Supercinema, die Magazzini Duilio und den Eingang zum Bagno Balena realisierte - bis hin zu den gemeinsam mit Galileo Chini umgesetzten Projekten, wie dem Gran Caffè Margherita und dem Grand Hotel Excelsior.
Galileo Chini, der in Bangkok gelebt hatte, leistete einen wichtigen Beitrag, indem er den Räumen und Wänden der bereits an sich luxuriösen Paläste von Viareggio einen orientalischen Touch hinzufügte. Heute beherbergen viele dieser Gebäude extravagante Hotels, die jedoch ihre Vintage-Details unverändert erhalten.
In Lido Di Camaiore finden wir das Ferienhaus von Galileo Chini im perfekten Jugendstil, mit den Original-Gemälden und -Fresken, die in einer dem Maler gewidmeten Kunstgalerie erhalten sind.
In der Thermalstadt Montecatini Terme folgten die Bäder und nicht nur diese der Jugendstilbewegung, die aus den Thermen eine regelrechte Werkstatt der Architektur und der Ornamentik gemacht hatte.
Prominente Namen sind die von Giulio Bernardin, der 1903 den Padiglione Tamerici mit Dekorationen von Galileo Chini und Domenico Trentacoste realisierte, sowie die Locanda Maggiore, die Gambrinus-Arkaden und die Excelsior-Thermen.
Das Rathaus wurde dagegen 1920 von Luigi Righetti erbaut, die Innenausstattung stammt von Galileo Chini und Luigi Arcangeli.
Ugo Giovannozzi wiederum ist der Planer der Terme Regina und verantwortlich für die Renovierung des Thermalbads Tettuccio, das aufgrund seiner umfassenden Verzierung - Fresken, Keramiken und Dekorationen - als wahrer Thermaltempel gilt.