In der Lunigiana, einem Grenzgebiet im Herzen der Riserva della Biosfera MAB Unesco dell’Appennino Tosco-Emiliano (Unesco-MAB-Biosphärenreservat des toskanisch-emilianischen Apennins), ist der Kontakt zur Natur noch stark ausgeprägt und der Zyklus der Jahreszeiten prägt weiterhin den Lebensrhythmus. Nach der Zeit der Kastanien kommt die Zeit der Oliven, der Ölmühlen und des neuen Öls.
Der Anbau von Olivenbäumen beruht auf einer uralten Welt des Wissens und der Traditionen, der Natur und der Menschen und stellt einen großen kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Wert dar. Viele Menschen in der Lunigiana besitzen einen Olivenhain, und vom Kleinerzeuger bis zur einzelnen Familie wird die uralte Tradition der Ölherstellung von Generation zu Generation weitergegeben.
Die Olivenernte ist ein Moment des familiären und sozialen Austauschs: Die Menschen kommen zusammen, sie treffen sich wieder, um ein Produkt zum Leben zu erwecken, das das ganze Jahr über als grundlegende Zutat typischer lokaler Gerichte vorhanden sein wird.
Und nachdem die Netze ausgebreitet sind, beginnen sie, Früchte unterschiedlicher Form oder Farbe zu ernten, und während die Geräusche aus den in der Nähe liegenden Olivenhainen durch die Täler hallen, als wollten sie sagen: Wir sind auch hier!, finden sie das Gemeinschaftsgefühl wieder, das manchmal verloren gegangen zu sein scheint.
In diesem überwiegend familiengeführten Realität haben in den letzten Jahren einige Unternehmen mit der Herstellung des Olio extra vergine di oliva IGP Toscano – Colline della Lunigiana begonnen. Dieses wird unter Einhaltung strenger Vorschriften gewonnen und einer Kontrolle durch das Konsortium „Consorzio dell’olio extravergine di oliva Toscano IGP“ unterzogen, was gewährleistet, dass die gesamte Produktionskette von der Olivenernte bis zur Verpackung im Gebiet der Lunigiana erfolgt.
Francesca Ferrari, Provinzpräsidentin von Coldiretti und Mitglied des Verwaltungsrats des Consorzio Tutela Olio Toscano IGP, sagt: „Es gibt keine besonderen Änderungen in der Erntemethode. Die Ernte erfolgt in der Tat von Hand, egal ob man ein Unternehmen oder ein privater Erzeuger ist, denn die Platz- und Umweltbedingungen lassen kaum eine Mechanisierung zu. Allenfalls für größere Bäume kann man elektrische Erntemaschinen einsetzen, die rütteln und höhere Gipfel erreichen, ohne dass - auch aus Sicherheitsgründen - Leitern benutzen werden müssen. Die ideale Erntezeit ist früh, d.h. Ende Oktober, Anfang November, dann wird gepresst und mit der Zertifizierung begonnen. Der größte Unterschied liegt in der Art der Ölerzeugung und der Olivenlagerung. Viele Leute sagen: Ich lasse sie liegen, damit sie austrocknen, weil sie durch das Austrocknen mehr Ertrag bringen. Wenn das Gewicht der Olive geringer ist, ist die Menge des Öls, die ich gewinnen kann, natürlich höher. Eine Olive, die noch einen hohen Feuchtigkeitsgehalt aufweist, wiegt natürlich mehr, so dass das Verhältnis von Ölertrag zu Olivengewicht geringer ist, aber die Ölmenge ist genau dieselbe. Wichtig ist auch die Lagerung der Oliven vor dem Pressen: am besten in belüfteten Kisten, nicht in Jutesäcken, wo die Temperatur ansteigt und ein Gärungsprozess einsetzt. Beim Pressen ist auf die Art und Weise zu achten, wie das Fruchtfleisch gepresst und verarbeitet wird: Das Fruchtfleisch darf nicht zu stark erhitzt werden, um die Extraktion des Öls zu erleichtern, da sonst die Gefahr besteht, dass das Öl gewisse Mängel aufweist“.
„Das Mikroklima und die Art der Böden in der Lunigiana“, fährt Francesca fort, „lassen ein Öl entstehen, das im Vergleich zu dem der mittleren und südlichen Toskana viel delikater und weniger strukturiert in Bezug auf Geschmack und Aroma ist. Das Öl mit der g.g.A. Colline della Lunigiana, das laut Spezifikation als leicht fruchtig eingestuft werden müsste, wird aufgrund des Klimawandels langsam in die Kategorie „mittelfruchtig“ eingeordnet. Das bedeutet, dass es einen guten Duft hat und auch eine gewisse Bitterkeit und Schärfe, die beiden wichtigsten Eigenschaften, die ein toskanisches Öl haben muss, aufweist“.
Jetzt müssen wir nur noch das neue Öl probieren, seinen Duft genießen und seiner Stimme lauschen, denn, wie Neruda sagte: „Nicht nur der Wein, sondern auch das Öl singt“!