Architekt, Ingenieur, Bildhauer, Mathematiker und Desiger: Filippo Brunelleschi gilt heute als der Entdecker der Zentralperspektive und der geniale Ingenieur hinter der beeindruckenden Kuppel des Florentiner Doms. Zusammen mit seinem Künstlerfreund Donatello ist Brunelleschi eine der bedeutendsten Figuren in der Florentiner Geschichte und der Mitbegründer der italienischen Renaissance.
Brunelleschi kam 1377 in Florenz auf die Welt. Aus seinen Jugendjahren sind nur wenige Informationen erhalten. Der junge Brunelleschi wurde in Literatur und Mathematik unterrichtet und absolvierte eine Ausbildung zum Goldschmied. Wie die Beispiele von Ghiberti und Donatello zeigen, waren die Grenzen zwiscen Goldschmiedekunst und Bildhauerei fließend. Der junge Brunelleschi war als Bildhauer tätig, bis er nach einem „verlorenen Wettbewerb“ eine andere Richtung einschlug.
Im Jahr 1401 war Brunelleschi einer der sieben Teilnehmer an dem prestigeprächtigen Wettbewerb, mit dem der Künstler für die Realisierung der neuen Bronzetür für das Florentiner Baptisterium ausgewählt wurde (die sich heute auf der Nordseite des Gebäudes befindet). Die sieben Miistreiter mussten eine vergoldete Bronzerelieftafel erstellen, die das vorgegebene Thema, die „Opferung Isaaks“, wiedergab. Brunelleschi und Lorenzo Ghiberti waren die zwei Finalisten, den Wettbewerb gewann jedoch Lorenzo Ghiberti, der auch noch eine weitere Bronztür, die als Pardiespforte bekannt ist, ausführen sollte. Brunelleschi beschloss in der Zwischenzeit, die Bildhauerei aufzugeben und sich der Architektur zu widmen.
Brunelleschis Werk markiert den Beginn des Renaissancestils, der Kunstepoche, die auf die Gotik folgte. Charakteristisch für die Gotik sind die Spitzbögen, während die Renaissancearchitektur Halbkreisbögen bevorzugt, normalerweise als Teil der regelmäßigen Wiederholung von harmonischen Formen wie Vierecke und Kreise. Brunelleschis berühmteste Arbeit,die Kuppel des Florentiner Doms, ist von ihrem Stil her noch der Gotik verhaftet, bildet aber den Gipfelpunkt eines Gebäudes, das in einer anderen Zeit begonnen wurde (gegen Ende des 13. Jahrhunderts). Wenn man durch Florenz streift und die wichtigsten Kirchen der Stadt besichtigt, kann man nachvollziehen, wie stark Brunelleschi den architektonischen Stil geprägt hat. Neben seiner Arbeit als Architekt (ein moderner Begriff, der bis zu einem gewissen Grad seinen Tätigkeit beschreibt) erfand Brunelleschi sein Leben lang Hebemaschinen, entwarf Befestigungsanlagen für Florenz und andere Städte, kreierte Schwebevorrichtungen für Bühnen und entwickelte ein Schiff, um den Marmor über den Arno von Pisa nach Florenz zu transportieren, und musste mitansehen, wie dieses bei seiner ersten Reise versank!
Brunelleschi gilt auch als der Erfinder der geometrisch konstruierbaren Perspektive in Zeichnung und Malerei, die die Darstellung von Räumlichkeit und unsere Wahrnehmung der Welt revolutionierte. Brunelleschi starb am 15. April 1446. Sein Grab befindet sich in der Krypta des Florentiner Doms. Die Grabinschrift lautet folgendermaßen: „Wie groß der Architekt Philippus in der Kunst des Dädalus war, das können sowohl die wunderbare Kuppel dieses hochberühmten Tempels als auch die verschiedenen von seinem göttlichen Genius erfundenen Maschinen bezeugen. Wegen seiner hervorragenden Geistesgaben und seiner einzigartigen Tugenden ließ sein dankbares Vaterland seinen Körper am 15. Mai 1446 in diesem Boden bestatten.“ (dt. nach Gesa Schütz-Rautenberg)
Brunelleschis architektonisches und skulpturales Werk:
Brunelleschi war an die Errichtung aller oder zahlreicher bedeutender Kirchen in Florenz beteiligt. Hierzu zählen die Kuppel der Kathedrale, San Lorenzo, die Pazzi-Kapelle von Santa Croce und Santo Spirito.
Sein Meistwerk ist die Kuppel der Florentiner Kathedrale. Der Bau der Kathedrale zog sich über 100 Jahre hin. Die Architekten mussten jedoch erst verstehen, wie sie eine Kuppel über der weiten Apsis errichten konnten. Daher wurde 1418 ein weiterer Wettbewerb ausgelobt: Erneut waren Ghiberti und Brunelleschi die beiden wichtigsten Teilnehmer. Dieses Mal aber gewann Brunelleschi aufgrund seiner innovativen Vorschläge für ein Geld- und Holz sparendes Gerüst. Das Projekt, an dem Brunellschi (1420–1436) jahrelang arbeitete, stellt eine der weltweiten größten Mauerwerkskuppeln dar. Eine seine ersten Arbeiten ist hingegen die Loggia des Ospedale degli Innocenti auf der Piazza Santissima Annunziata (heute das Museo degli Innocenti). Die anmutig angeordneten Halbkreisbögen bilden eine Fassade, die dazu diente, eine Gruppe von älteren Gebäuden zu vereinen. Später wurden die Bögen entlang der ganzen Piazza errichtet.
Schräg gegenüber der Medici-Residenz (heute Palazzo Medici-Riccardi) lag ihre Pfarrkirche San Lorenzo, die in den 1420er-Jahren zur Ruine verfallen war. Brunelleschi führte anfangs nur die Alte Sakristei oder Grabkapelle der Medici aus, wurde dann aber mit der Neugestaltung der gesamten Kirche beauftragt. Dies war seine erste Gelegenheit, seinen architektonischen Stil und seinen Theorien in größerem Maßstab umzusetzen. Des Weiteren entwarf er die Kirche Santo Spirito, die unvollendet blieb und nach seinem Tod stark umgestaltet wurde. Ebenso wurde die Pazzi-Kapelle in Santa Croce erst nach seinem Tod vollendet, die sich gut mit der Alten Sakristei vergleichen lässt und den Höhepunkt seiner Erfahrungen auf dem Gebiet der Architektur darstellt.
Die Rocca del Brunelleschi in Vicopisano ist ein schönes Beispiel für die Militärarchitektur des Mittelalters und der Renaissance. Die Burg wurde von Brunelleschi im Jahr 1438 infolge der Eroberung des Orts durch die Florentiner entworfen. Der Turm besitzt einen Bergfried mit Falltüren und Ringmauern. Der Bergfried führt zu einer 70 Meter langen Mauer, die mit einem Turm zu Füßen des Hügels verbunden ist.
Im Nationalmuseum Bargello kann man Brunelleschis Bronzerelief besichtigen, das die „Opferung Isaaks“ wiedergibt und anlässlich des Wettbewerbs für die Bronzetür des Florentiner Baptisteriums im Wettstreit mit Lorenzo Ghiberti ausgeführt wurde.
Im Jahr 1410 führte ein anderer Wettbewerb zu einem Wettstreit zwischen Brunelleschi und Donatello: das berühmte Kruzifix. Das von Donatello für die Kirche Santa Croce realisierte Kruzifix wurde aufgrund der Ähnlichkeit Christi mit einem Bauern von Brunelleschi das „Bauern-Kruzifix“ genannt. Brunelleschi, der Donatellos Arbeit übertreffen wollte, realisierte daraufhin ein Kruzifix für die Kirche Santa Maria Novella. Dieses hängt derzeit in einer Kapelle links neben dem Hochaltar.
In der Kathedrale San Zeno in Pistoia findet sich der Silberaltar des hl. Jakobus in der Cappella del Crocefisso o Giudizio (Kruzifix-Kapelle oder Kapelle des Jüngsten Gerichts) . Die beeindruckende Arbeit wurde zwischen 1287 und 1456 von den besten Handwerkern und Künstlern der damaligen Zeit, darunter Brunelleschi, ausgeführt. Die von allen Seiten sichtbare Statue des Evangelisten Johannes (1400-1401) und die zwei Büsten, die die Propheten Jeremia und Jesaja darstellen, werden hierbei Brunelleschi zugeschrieben.
Downloaden Sie die Infografik (auf Englisch) Brunelleschi in der Toskana