Was haben gefüllte frische Nudeln und einfache frische Nudeln gemein? Die Grundzutat, einen Teig aus Wasser und Mehl, mit oder ohne Eiern. Beide Arten werden zu Hause, in Restaurants und in kleinen Nudelmanufakturen oder Nudelfabriken zubereitet, während die sogenannten getrockneten Nudeln meist industriell hergestellt werden.
Gefüllte Nudeln wurden das erste Mal an den italienischen Fürstenhöfen der Renaissance zubereitet. Ihren Ursprung haben sie aber woanders, denn im Fernen Osten gibt es eine große, sehr viel ältere Tradition der gefüllten Nudeln, die zumeist gedünstet oder gegrillt werden. Typisch italienisch ist dagegen, den Teig mit Eiern zuzubereiten. Es gibt eine Vielzahl von Formen, die gefüllt werden, ob mit Fleisch, Fisch, Gemüse oder Käse. Gefüllte Nudeln sind eine Tradition Norditaliens, insbesondere der Po-Ebene, auch wenn sie sich als Folge der kulinarischen Moden und der industriellen Produktion auch in Süditalien verbreitet haben.
Wir wollen uns nun der wundervollen Toskana zuwenden.
Die quadratischen Tortelli di patate aus dem Mugello, dem Gebiet zwischen Florenz und dem Apennin, sind sehr bekannt; sie werden mit gekochten Kartoffeln und Käse gefüllt und mit der klassischen Fleischsauce, Ente oder Wild gegessen.
In der Gegend von Grosseto sind die Tortelloni alla maremmana beliebt, quadratische Nudeln mit einer Füllung aus Ricotta und gekochtem Spinat, häufig auch geriebenem Pecorino, Muskatnuss und einer Prise Salz. Die Tordelli lucchesi dagegen werden mit einer Mischung aus Hackfleisch, Mortadella, geriebenem Käse und Kräutern gefüllt und sind auch in der Versilia und der Umgebung von Massa und Carrara zu finden.
Auch die Pannicelli aretini sind eine Art große Ravioli, meist mit Ricotta, Spinat oder Mangold, geriebenem Käse, Salz und Pfeffer gefüllt, werden aber nicht in Wasser gekocht, sondern im Ofen in Tomatensauce oder mit Butter, Parmesan und Zimt gratiniert. Nicht zu vergessen die Gnudi, die nicht aus Teig, sondern direkt aus der Füllung zubereitet werden: Spinat, Mangold oder andere Arten von Blattgemüse, geriebener Käse, Gewürze, auch Eier, werden gut vermischt und zu kleinen Klößchen geformt, die in Mehl gewälzt und in heißem Wasser gekocht werden; man nimmt sie heraus, wenn sie an der Oberfläche schwimmen.
Nun wollen wir uns dem Wesentlichen zuwenden, das heißt, der einfachen Pasta, angefangen bei den berühmten Pappardelle, die sowohl in ihrer schlichten Version, die nur aus Wasser und Mehl besteht, wie der Variante mit Ei mindestens zwei Zentimeter breit sind. Diese traditionelle Nudelart entfaltet sich am besten, wenn man sie mit einer Wildsauce isst. Berühmt sind auch die Pici, aus Wasser, Mehl, Öl, Salz und zuweilen auch etwas Grieß: Diese unregelmäßig geformten, dicken Spaghetti werden aus einem recht dick ausgerollten Teig hergestellt und einzelnen gerollt und in die Länge gezogen. Am bekanntesten ist die Zubereitungsart "all´aglione", einer Tomatensauce mit der Knoblauchsorte Aglione, die sehr groß, aber besonders delikat ist. Weniger bekannt sind die Bringoli, dicke, lange Spaghetti aus Wasser, Weizenmehl und ein wenig Maismehl, eine Spezialität aus dem Gebiet von Arezzo, und die Ciriole, dicke Spaghetti aus der Val di Chiana und der Provinz Siena.
Erwähnenswert sind natürlich auch die ungewöhnlicheren Zubereitungen, wie die Testaroli, eine Art dicke Crêpes aus der Lunigiana und Ligurien, deren Grundlage ein Teig aus Wasser, Mehl und Salz ist, manchmal auch Kastanienmehl. Sie werden mit Olivenöl oder Schmalz im testo, einer besonderen Pfanne aus Terrakotta (heute meist aus Gusseisen oder Eisen) gebacken, danach in Wasser gekocht und mit verschiedenen Saucen gegessen. Apropos Kastanienmehl: Aus ihm werden, unter Zugabe von Weizenmehl, Salz und Wasser die Lasagne bastarde oder matte zubereitet, eine weitere Spezialität der Lunigiana, und außerdem die etwas kleineren, rautenförmigen Maccheroni di Ciaccio, typische Nudeln der Alta Versilia, aus dickem Teig und mit rauher Oberfläche, die gut zu herzhaften Saucen wie dem klassischen Fleischragout oder Wild passen.
Nicht zu vergessen die Topini, ein sehr toskanischer Name für aus Kartoffeln hergestellten Gnocchi, die allerdings etwas kleiner sind und eine kleine zentrale Öffnung besitzen, um Saucen besser aufzunehmen.