Die Liste der Frauen, die im Laufe der Jahrhunderte in der Toskana gelebt haben und Teil der LGBTQ+ Community sind und waren, ist wirklich lang.
Einige von ihnen haben alles aufgegeben, um ihr Leben fernab von Geschlechterklischees zu leben, andere haben sich in die Gegend verliebt und die Toskana in Romanen und Briefen erzählt, wieder andere haben zum ersten Mal über die Liebe zwischen Frauen geschrieben.
In diesem Artikel möchten wir Ihnen einige Geschichten und Orte vorstellen, die Sie besuchen sollten, um mehr über das Leben von sechs Frauen zu erfahren, die in der Toskana gelebt haben.
Die erste Frau, von der wir Ihnen erzählen möchten, ist Benedetta Carlini, eine italienische Nonne, die im 17. Jahrhundert lebte und wegen ihrer Liebesgeschichte mit Schwester Bartolomea in die Geschichte einging.
Benedetta Carlini lebte ihr Leben im Kloster der Mutter Gottes in Pescia, einem wunderbaren mittelalterlichen Ort im Gebiet Valdinievole.
Schwester Benedetta wurde schon bald Äbtissin des Klosters, aber ihr Leben wurde von schrecklichen nächtlichen Visionen gequält. In Absprache mit den anderen Nonnen des Klosters beschloss Schwester Bartolomea, ihre Zelle mit der Äbtissin zu teilen, um ihr nahe zu sein und sie während dieser Krisen zu beruhigen. Was in Pescia geschah, blieb jedoch nicht unbemerkt und das Kloster wurde zum Schauplatz von Untersuchungen der päpstlichen Gendarmen, die schließlich herausfanden, dass Schwester Benedetta und Schwester Bartolomea ein Liebespaar waren.
Über das Leben von Schwester Benedetta wurde vor kurzem ein Film gedreht, der 2021 bei den Filmfestspielen in Cannes präsentiert werden wird. Der Film unter der Regie von Paul Verhoeven, Regisseur von Basic Instinct, wurde zwischen Montepulciano und San Quirico d'Orcia gedreht und ist eine der zahlreichen Bestätigungen der Liebe der Regisseure aus aller Welt zur Toskana.
Sprechen wir nun über zwei englische Künstlerinnen, die Bildhauerin Lady Troubridge (auch bekannt als Una Vincenzo oder Una Troubridge) und die Schriftstellerin Radclyffe Hall, denn ihre Lebensgeschichte hat nicht nur einen Bezug zur Toskana, sondern ist auch sehr wichtig für die Identität der LGBTQ+-Community des frühen 20 Jahrhunderts.
Die beiden Frauen, die während der beiden Weltkriege lebten, reisten viel in Italien, und besuchten ab 1921 oft und für längere Zeit die Toskana, wo sie sich in Viareggio, Lucca und Florenz aufhielten.
Sie wohnten in Hotels, Wohnungen und vor allem im Palazzo Guicciardini, in dem auch der berühmte Schriftsteller, Politiker und Historiker Francesco Guicciardini aus dem 16. Jahrhundert lebte. Florenz wurde für sie „unser Florenz, ein gemeinsamer Ort der Freude“. Zu den Lieblingsorten des Paares erinnern wir an die Kirche Orsanmichele, das Arnoufer und die Gassen der Altstadt.
Radclyffe Hall wurde berühmt, weil sie die Autorin des ersten Romans mit lesbischem Thema war: Quell der Einsamkeit. Das Buch wurde 1928 veröffentlicht und erregte vor allem in England sofort großes Aufsehen. Die Autorin wurde der Obszönität bezichtigt und deshalb vor Gericht gestellt, doch trotz der Zensur wurde das Buch in 11 Sprachen übersetzt und über eine Million Mal verkauft.
Eine weitere Frau, die Florenz sehr liebte, war die englische Schriftstellerin Violet Paget, die unter ihrem männlichen Pseudonym Vernon Lee bekannt war.
Sie lebte die meiste Zeit ihres Lebens in der Villa Palmerino auf den Hügeln kurz vor Florenz, kleidete sich gern à la garçonne und liebte in ihrem Leben Frauen und kämpfte gegen Geschlechterklischees. Wir wissen nicht, ob Violet Paget/Vernon Lee eine Transgender oder nicht-binär war, aber wir sind sicher, dass sie einer der ersten queeren Menschen war, der sein Leben frei lebte.
In Italien lernte sie ihre erste Liebe Annie Mayer, ihre zweite Liebe Mary Robinsons und schließlich ihre letzte große Liebe Irene Cooper Willis kennen, die ihr bis zu ihrem Tod 1935 nahestand.
Sie war eine glühende Feministin und Pazifistin, war entschieden gegen den Ersten Weltkrieg und aus diesem Grund während ihrer Schaffenszeit einer starken Zensur ausgesetzt, um dann ab den neunziger Jahren wiederentdeckt zu werden.
Als sie 1935 starb, schenkte ihr Lebensgefährte dem British Institute von Florenz eine Sammlung von über 420 Bänden, die noch heute im Archiv des Instituts eingesehen werden kann.
Die amerikanische Schriftstellerin und Dichterin ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten der LGBTQ+-Kultur weltweit.
Gertrude Stein, eine große Kunst- und Italienliebhaberin, besuchte die Toskana häufig und eine ihrer Reisen ging in die Geschichte ein. Auf den Hügeln von Fiesole erklärte sie Alice Toklas ihre ewige Liebe und von diesem Moment an wurde ihre Beziehung, mit Höhen und Tiefen wie bei allen Paaren, eine der berühmtesten in der LGBTQ+ Geschichte.
Gertrude und Alice verbrachten ihr ganzes Leben zusammen, lebten in Paris und widmeten sich der Kunst, dem Schreiben und dem Reisen. Ihr Haus wurde zum Treffpunkt von Malern und Schriftstellern: von Picasso bis Matisse, von Hemingway bis Fitzgerald.
Romina Cecconi ist eine der Schlüsselfiguren der italienischen LGBTQ+- Bewegung. Ihre Geschichte ist die einer im Körper eines Mannes gefangenen Frau, die mit ihrem Weg zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Transmenschen in Italien beigetragen hat.
In den sechziger Jahren verkehrte Romina Cecconi häufig im Parco delle Cascine und wurde eines Nachts Opfer einer Polizeirazzia. Sie bezahlte ihre Freizügigkeit mit Gefängnis, Gewalt und Verbannung als „sozial gefährliche Person“ nach Volturino, einem kleinen Dorf in der Provinz Foggia. Am Ende gelang es Romina jedoch, zur ersten italienischen Transfrau zu werden, die die Änderung des Geschlechtseintrags im Melderegister erwirkte, wodurch sie dazu beitrug, den Weg für das Gesetz 164 zur Geschlechtsänderung auf Dokumenten zu ebnen.
Romina Cecconi hat eine Autobiographie („Io, la Romanina - Warum ich eine Frau geworden bin“) geschrieben und über ihr Leben wurde ein Dokumentarfilm mit dem Titel „La Donna Pipistrello“ gedreht, der während der dreizehnten Veranstaltung des Florence Queer Festivals präsentiert wurde. Auch ein Theaterstück entstand.