Er war der Vorläufer der Renaissance, der Maler, der eine realistische Darstellungsweise in die Kunst einführte, und dem es gelang, ein perfektes „O“ ohne Hilfsmittel auszuführen. Sein Name war Giotto.
Vieles was wir heute über Giotto wissen, ist ungenau und beruht auf Legenden, darunter sein genaues Geburtsdatum, sein Geburtsort, sein Aussehen, Informationen zu seiner Ausbildung, die Chronologie seiner Arbeiten und seine Grabstätte. Der Künstler wurde wahrscheinlich im Jahr 1267 als Ambrogio oder Angiolo di Bondone in Colle di Vespignano (Vicchio), 35 Kilometer nördlich von Florenz geboren. Er absolvierte vermutlich eine Ausbildung in der Werkstatt von Cenni di Peppi, bekannt als Cimabue und der Künstler, mit dem Giorgio Vasaris Künstlerviten ihren Anfang nehmen, die all die bekannten Künstler seiner Zeit dokumentieren.
Der Legende nach entdeckte Cimabue Giotto, während dieser, ein einfacher Hirtenjunge, sein Schaf auf einem Felsen zeichnete. Die Bilder waren so realistisch, dass Cimabue die Familie des Jungen aufsuchte, um diesen als Lehrling zu sich zu holen. Eine andere Legende besagt, dass der junge Lehrling eine Fliege in einem von Cimabues Gemälden so realistisch wiedergab, dass Cimabue versuchte, diese zu entfernen!
Einige Wissenschaftler sehen in der kleinen „Madonna mit Kind“ aus der Kirche San Giorgio alla Costa (Bestandteil der Sammlung des Diözesanmuseums in Santo Stefano al Ponte und langjährige Leihgabe an das Museo dell’Opera del Duomo) Giottos erstes eigenständiges Tafelgemälde. Stilistisch gesehen steht die Arbeit noch seinem Meister nahe und ist ein wichtiges Dokument des frühen Giotto. Dieser folgte dann wahrscheinlich Cimabue nach Assisi, um mehrere Fresken auszuführen, darunter den Zyklus, der das Leben des hl. Franziskus wiedergibt und dessen Zuschreibung noch immer für Diskussionen sorgt.
Gemäß einigen Dokumenten, die auf die Jahre 1301 und 1304 zurückgehen, besaß Giotto umfangreiche Grundstücke in Florenz, betrieb wahrscheinlich eine große Werkstatt in der Stadt und erhielt Aufträge aus ganz Italien, darunter aus Padua (wo er den Innenraum der Arenakapelle oder Scrovegni-Kapelle ausschmückte, sein vollständigster und wichtigster, noch erhaltener Freskenzyklus), Assisi und Rom.
Giotto starb im Januar 1337 und wurde wahrscheinlich in der Kirche Santa Reparata mit einer von der Stadt gespendeten feierlichen Zeremonie bestattet. Dante zollte der Größe seines Zeitgenossen in der „Göttliche Komödie“ Tribut, wo er im Purgatorium (XI, 94–96) schrieb: Cimabue wähnte sich auf dem Feld der Malerei unschlagbar, doch hat jetzt Giotto den Applaus und der Ruf des anderen verliert an Glanz."
Giottos erstes gesichertes Florentiner Meisterwerk (ca. 1290) ist das große, etwa 5 Meter hohe Kruzifix in der Basilika Santa Maria Novella, das eine revolutionäre Arbeit darstellt. Der Körper Jesu Christi ist vertikal gemalt, wobei seine Beine angewinkelt sind. Giotto ist es gelungen, eine menschliche Figur wiederzugeben.
Die Arbeiten, die Giotto in diesem Zeitraum in Florenz realisierte, sind seiner reifen Schaffensphase zuzuordnen, darunter die „Ognissanti-Madonna“, ein großformatiges Gemälde, das sich heute in den Uffizien befindet. In dem Giotto gewidmmeten Saal ist auch das „Badia-Polyptychon“ (1301-1304) zu sehen, das aus fünf eingerahmten Gemälden mit dreieckigen, spitz zulaufenden Giebeln besteht und die Jungfrau Maria sowie die Heiligen Nikolaus von Bari, Johannes den Evangelisten, Petrus und Benedikt wiedergibt.
1318 begann Giotto damit, die Kapellen von vier Florentiner Familien in der Basilika Santa Croce auszumalen: die Bardi-Kapelle (das Leben des hl. Franziskus), die Peruzzi-Kapelle (Das Leben des Johannes des Täufers und des Evangelisten Johannes) sowie die verlorene Giugni-Kapelle (Szenen aus dem Leben der Apostel) und Tosinghi-Spinelli-Kapelle (Szenen aus dem Leben der hl. Jungfrau). Wie es die meisten Aspekte von Giottos künstlerischer Laufbahn betrifft, lassen sich auch hier die Daten dieser Fresken nicht eindeutig datieren.
Die Bardi-Kapelle, die sich rechts neben der Hauptkapelle befindet, wurde größtenteils mit Seccomalerei ausgeschmückt, eine schnellere, aber weniger langlebige Technik. Die Peruzzi-Kapelle erlangte insbesondere während der Renaissance große Bekanntheit. Giottos Arbeit beeinflusste Masaccios Fresken in der Brancacci-Kapelle sowie 200 Jahre später Michelangelo, der die Fresken in Santa Croce eingehend studiert haben soll.
Nach mehreren Auftragsarbeiten in Rom, Neapel und Bologna war Giotto in seinen letzten Arbeitsjahren als Architekt hauptsächlich in Florenz tätig. 1334 wurde er zum Bauleiter für die Bauprojekte auf der Piazza del Duomo und zum Leiter der öffentlichen Arbeiten in Florenz ernannt. Im selben Jahr begann er für den neuen Glockenturm der Kathedrale zu arbeiten. Obwohl der Turm heutzutage als Giottos Glockenturm bekannt ist, vollendete Giotto vor seinem Tod nur das untere Geschoss. Der endgültige Bau entspricht hingegen nicht vollständig seinen Originalentwürfen.
Giottos letztes bekanntes Werk ist die Ausschmückung der Podestà-Kapelle im Palazzo del Bargello mit einem Freskenzyklus, der auch das älteste Porträt von Dante Alighieri umfasst.
Downloaden Sie die Infografik (auf Englisch) Giotto in der Toskana