Florenz ist eine Weinstadt. Aufmerksame Besucher werden kleine Holztüren in einigen Gebäuden im Stadtzentrum bemerken, die zum Teil mit Pietra serena gerahmt sind: Man nennt sie "buchette del vino" und sie dienten dem Weinausschank. Als sie in Gebrauch waren, reichte man eine leere Weinflasche durch das Türchen, die auf der anderen Seite von jemanden in Empfang genommen wurde, der dann eine volle Flasche zurückzugab.
Dieser Direktverkauf begann in der Renaissance und existierte bis vor einigen Jahrzehnten. Ein Reihe dieser kleinen Türen diente auch der Wohltätigkeit. Sie sind so einzigartig, dass eine Vereinigung - die Associazione Buchette del Vino - gegründet wurde, die sie erfasst und ihre Geschichte auf einer Webseite und in einem Buch beschrieben hat. Darüber hinaus hat die Vereinigung angefangen, an den Weintürchen Schilder anzubringen, um auf sie aufmerksam zu machen: Das erste wurde am Palazzo Antinori in der Via del Trebbio befestigt. Älter noch als die Weintüren sind die Osterien: Die mittelalterlichen Chroniken berichten von mescite - Schenken - von denen einige jahrhundertlang existierten und später zu Trattorien und in jüngerer Zeit zu Restaurants wurden.
Es gibt noch eine andere Art von traditionellen Weinlokalen, die von der Größe, der Lage und der Bestimmung definiert werden und ganz dem Wein gewidmet sind, während Essen eine Nebenrolle spielt: die Vinai, die Wein ausschenken und verkaufen, glas- oder flaschenweise. Aber was findet heute jemand, der nicht nur den Wein, sondern auch die Atmosphäre und die Aromen früherer Zeiten kennenlernen möchte? Nicht mehr viel, auch wenn in Wirklichkeit die traditionelle Arte dei Vinattieri (wie sich in Florenz diejenigen nannten, die Wein ausschenkten und sich ab dem 14. Jahrhundert in einer Zunft zusammenschlossen) in einigen Weinlokalen überlebt.
Da wäre zum Beispiel Zanobini zu nennen, eine traditionelle Weinhandlung mit Weinausschank in der Via Sant´Antonino in der Nähe der Markthalle von San Lorenzo, in der man auch die Produkte der Eigentümer kosten kann, vom Weingut Le Lame in San Casciano. Nicht weit entfernt, in der Via dell´Ariento, befindet sich die Casa del Vino, wo man das hinter der Theke angerichtete Essen zumeist im Stehen genießt. Dazu trinkt man ein Glas oder eine Flasche der ausgezeichneten Weine, die Gianni Migliorini inmitten der schönen alten Einrichtung empfiehlt.
Die Vinai sind noch immer vor allem Weinausschank, aber sie verschwinden langsam oder verwandeln sich grundlegend: Traditionell bieten nicht sie nicht viel mehr als ein Crostino mit der toskanischen Leberpastete oder ein gekochtes Ei zum klassischen gottino (einem kleinen Weinglas mit dickem Boden und ohne Stiel, das einst in Florenz den Rotwein verkörperte) oder dem heute üblichen Kelchglas.
Einst waren es die Handwerker und Arbeiter, heute sind es auch die Angestellten und Freiberufler, die eine kurze Pause machen, um einen kleinen Imbiss und ein Glas Wein zu genießen: Einige dieser vinaini (eine liebevolle Verkleinerungsform, die auf die oft geringe Größe der Lokale anspielt) bestanden aus kaum mehr als einer kleinen Theke zur Straße hin und boten bei schlechtem Wetter kaum Schutz. Es gab sie in der Via dei Neri (heute ist der Antico Vinaio vor allem wegen der mit Wurst und Käse gefüllten Sandwiches weltberühmt, weniger wegen des Weins), in der Via dell´Anguillara und unter dem Arco di San Piero.
Der einzige vinaino, der kaum verändert scheint, sind die legendären Fratellini in der Via dei Cimatori, wo man immer ein gutes Sandwich und den ebenso legendären gottino bekommt. Auf der anderen Seite des Arno ist die Enoteca Fuoriporta zu nennen, ein paar Meter vom Stadttor von San Niccolò entfernt, die es nunmehr seit mehr als dreißig Jahren gibt.
Eine weniger lange Geschichte - die aber hoffentlich lange andauern wird - hat Semel an der Piazza del Mercato di Sant´Ambrogio, das originelle und schmackhafte Sandwiches und den klassichen gottino anbietet, den man, während man isst, auf kleinen Konsolen abstellen kann. Le Volpi e L´Uva dagegen ist ein bekannter Tempel des guten Weins nicht weit vom Ponte Vecchio; und schließlich zwei ganz neue Lokale, die Vineria 54rosso in der Via San Gallo und die Vineria Sonora in der Via degli Alfani. Die Enoteca Fiorentina, die seit kurzem in den Borgognissanti umgezogen ist, zeigt dagegen exemplarisch, wie heute ein Weinlokal aussieht, das der Welt offen steht.